Theoretische Un/Ruhe
Inwiefern eröffnen Ansätze der neo-materialistischen Theoriebildung, welche die Bedeutung der Verwobenheit von menschlichen und nicht-menschlichen Akteur_innen ins Zentrum stellen, neue Erkenntnisse, Forschungs- und Praxisperspektiven? Dieser Frage gehen die Autor_innen in dem Sammelband „Verantwortung und Un/Verfügbarkeit“ aus ihren jeweiligen interdisziplinären Blickwinkeln nach. Der Band gibt hierzu einige interessante Einblicke in aktuelle Themenstellungen, die die Suche nach Interventions-möglichkeiten, welche sich nicht nur auf menschliche Akteur_innen stützen, illustrieren. In Verschränkung mit Agency-Diskussionen werden insbesondere Fragen der Ethik und der Verantwortung (Response-Ability) diskutiert. Neo-materialistische Theoriebildung – so heterogen sie auch ist – zielt, so der Tenor mehrere Beiträge, zudem auf eine Verschiebung von einer negativen Kritik, die in vielen Theorieentwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte zentral war, zu einer erkundenden Denkweise, die Möglichkeitshorizonte elaboriert. Der Sammelband enthält einige interessante Ideen hierzu aus den Forschungs¬bereichen Medialität, politische, feministische Praxis, und der feministischen Technikforschung. Insgesamt ist der Band ein weiterer Beitrag zur prosperierenden deutschsprachigen Materialitäts- und Affektivitätsdiskussion, die sich insbesondere an Barad orientiert. Seine Adressat_innen sind definitiv „Diskurs-Bewohner_innen“, für die er durchaus inspirierende Momente enthält.
Roswitha Hofmann
Verantwortung und Un/Verfügbarkeit. Impulse und Zugänge eines (neo)materialistischen Feminismus. Hg. von Corinna Bath, Hanna Meißner, Stephan Trinkaus und Susanne Völker. 259 Seiten, westfälisches Dampfboot, Münster 2018 EUR 30,90