Aussageverweigerung 

Bereits 1976 erstmalig erschienen, hat diese Autobiografie nicht an Aktualität verloren, da sie Einsicht in ein gesellschaftliches Überwachungssystem vermittelt. Wenn es um die staatliche Kontrolle Intellektueller geht, kann die Periode der Mc-Carthy Ära in den 1950er Jahren der USA nicht ausgespart bleiben. Eindrucksvoll berichtet die amerikanische Bühnen- und Filmautorin Hellman, wie sie wegen politischer Nähe zum Kommunismus gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, dem bekannten Krimiautor Dashiell Hammett, vor dem Mc-Carthy Ausschuss verhört wurde. Es ging bei diesen Verhören selten um inhaltlich formulierte Anschuldigungen, sondern um die Motivation, dass die Verhörten weitere KollegInnen aus der Kunst- und Kulturszene preisgeben oder anschwärzen sollten. Hier kann die Autorin als ein Vorbild punkten, weil sie sich weigerte, irgendwelche weiteren Namen zu nennen. Das hatte zur Folge, dass sie die nächsten Jahre ihrem künstlerischen Broterwerb nicht mehr nachgehen konnte, keine Aufträge mehr erhielt und verarmte. Ähnlich wie Hammett und wenige andere standhafte KünstlerInnen wurde  sie zur persona non grata erklärt. Stattdessen fielen zahlreiche vom Ausschuss befragte  KollegInnen und politische FreundInnen um, um den eigenen Kopf zu retten und das stimmt auch heute noch nachdenklich, wie Menschen gegenüber einem Unrechtssystem bereit sind, sich zu verhalten und zu unterwerfen. ML

Lillian Hellman: Die Zeit der Schurken. Autobiografie. Aus dem Englischen von Peter Naujack. 137 Seiten, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2015
EUR  10,90