Die wahrhaftige Tragik der Femme Fatale

Elene Kirchners Arbeit untersucht den Figurentypus der Femme Fatale und kritisiert die Konstruktion der patriarchalischen Perspektive. Während die Figur der Femme Fatale oft nur unter den Gesichtspunkten der Stärke, der scheinbaren Emanzipation und ihrer fatalen Wirkung auf männliche Antagonisten diskutiert wird, insistiert Kirchner auf die der Figur innenwohnende Tragik, eigene Handlungsmotive und auf die teilweise Unschuld am Schicksal der männlichen Antagonisten. Das Fin de Siècle als Austragungsort ihrer Diskussion wählt Kirchner aufgrund der Faszination der Epoche am Kontrollverlust, des Aufeinanderprallens von Oppositionen wie Gewalt und Sittsamkeit und der politischen und sozialen Veränderungen. Dementsprechend ausführlich zeichnet Kirchner das Zusammenspiel von Macht, Gewalt und Sexualität nach, gespickt mit literarischen Beispielen. Die Rezeption der Figur der Salomé macht die Instrumentalisierung durch Kirchenväter deutlich, die sie als Sinnbild der verdorbenen Weiblichkeit illustrieren. Die Figur der Judith untermauert die tragische Dimension der Femme Fatale, die zwischen Liebe und Gewalt das Bild einer dominierenden, heroischen Frau verkörpern darf, deren innere Härte in herkömmlichen Rezeptionen aber meist untergeht. In ihrer komparatistischen Analyse dekonstruiert Kirchner detailliert verschiedene Rezeptionen der Figuren. Lesenswert für Liebhaber:innen der Komparatistik und interessierte Forscher:innen des Storytelling.
PS
Elena Kirchner: Die Tragik der Femme Fatale. Eine komparatistische Dekonstruktion grausam erscheinender Weiblichkeit am Beispiel der Figuren Judith und Salomé im Fin de Siècle. 294 Seiten, ibidem, Stuttgart 2021 EUR 61,50