Diskriminierungsschutz und Verteilungsfragen
Der Sammelband vereint Beiträge zum rechtlichen Genderverständnis. Rössl stellt fest, dass es große Unterschiede zwischen heteronormativen und gleichgeschlechtlichen formalisierten Beziehungen in der Gesetzgebung gibt. Der Gesetzgeber favorisiert klassische Mutterschaftsrollen, eine autonome Lebensgestaltung ist für Mütter nicht vorgesehen. Neuwirth konstatiert, dass die Initiativen der Väterbewegung zu einer Retraditionalisierung der Rollenverteilung führten. Durch die letzte Gesetzesnovelle im KindNamRÄG 2013 ist es um diese Bewegung still geworden.
Die aktuelle Höchstentscheidung zur Doppelresidenz der Kinder wird einbezogen. Frank plädiert für eine rechtliche Vereinheitlichung des Antidiskriminierungsrechtes, um das Schutzniveau für Diskriminierungstatbestände leichter vollziehen zu können. Weichselbaumer/Schuster verfolgen die Hypothese, dass soziale Geschlechterrepräsentationen am Arbeitsmarkt nicht wesentlich sind, sondern dass bei der Personalentscheidung nach wie vor das biologische Geschlecht im Mittelpunkt steht. Beachtlich ist der Beitrag von Lachmayer, die Beispiele liefert, wie das Steuerrecht und das Sozialversicherungsrecht, die noch stark von traditionellen Rollenbildern geleitet sind, für gendergerechte Lenkungsmaßnahmen genutzt werden könnten. Sie spricht sich dafür aus, dass langfristig mehr Lenkungs- als Verteilungsziele für eine gendergerechte Gesellschaft staatlich umzusetzen sind. Fritz unterstützt argumentativ, dass das geschlechterdifferenzierte Konsumverhalten ein Anknüpfungspunkt ist, um durch steuerliche Abgaben mehr Einkommensgerechtigkeit zu erzielen. Festgestellt wird, dass trotz der Staatszielbestimmung Gender Budgeting in vielen Rechtsmaterien noch traditionelle Geschlechterrollen beharrlich weiterverfolgt werden. Anita Schubert
Zum Verhältnis von Reproduktion, Erwerbsarbeit und faire Budgetpolitik, Linzer Schriften zu Gender und Recht, Band 56. Hg. von Karin Neuwirth u. Silvia Ulrich. 278 Seiten, Trauner-Verlag, Linz 2015 EUR 22,50