Eine surreale Dorfgeschichte

Die alte allein lebende Hitschke ist verzweifelt, weil ihr Hund Power verschwunden ist. Sie hatte ihn nur kurz beim Edeka-Laden angebunden, um einkaufen zu gehen und dann war er weg. Die elfjährige Kerze verspricht ihr, sich auf die Suche nach ihm zu machen, recherchiert zunächst vor Ort, streunt dann über die anliegenden Felder und durch die Wälder, um Power zu finden. Akribisch trägt sie alle Beobachtungen in ihr Notizheft ein, und nach und nach gesellen sich sämtliche Kinder aus dem Dorf dazu, um Kerze bei der Suche zu unterstützen. Schließlich ziehen sie sich in einen Wald zurück. Um Power möglichst nahe zu sein, verwandeln sie sich in Mensch-Hund-Schimären, sie bellen wie Hunde, laufen auf vier Beinen und legen sich Schwänze an. Hitschke versorgt die Kinder zum Leidwesen der Dorfgemeinschaft, die sich auf die Suche nach ihnen machen will, mit Nahrungsmitteln. Sätze wie „Fragt nicht, warum. Wer so viel fragt wie ihr, bleibt dumm“ irritieren die Rezensentin, denn Erkenntnisse lassen sich nur über Fragen entwickeln! Ob als Allegorie, Parabel oder Dystopie zu verstehen, liest sich der Roman als kulturpessimistische Variante eines fragmentierten Dorflebens ohne Aussicht auf eine menschliche solidarische Gestaltung. Eine defätistische Rezeptur!

Antonia Laudon

Verena Güntner: Power. 254 Seiten, Dumont, Köln 2019, EUR 22,80