Ausgebüchst

Fanni führt ein ordentliches Leben: Lohnarbeit, Ehe, Mutter-Sein, Haus mit Garten. Doch irgendwann geht sich das alles nicht mehr aus – Fanni ist unglücklich. Statt zum Erstgespräch der Therapie zu fahren, die sie beginnen soll, um einen schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten, fährt sie einfach weiter. Die Leser*innen begleiten Fanni nach Salzburg auf die Almhütte, nach Wien ins Wartezimmer von Frau Doktor Tippi und auf Urlaubsfahrten nach Italien und Kroatien. Die Filialleiterin eines Supermarkts bricht – mit über 50 Jahren – aus ihrem Alltag aus und versucht herauszufinden, was es ist, das sie will. Dabei entstehen schöne und ungewöhnliche Freundschaften, die einen wichtigen Teil des neuen Lebens ausmachen.
Karin Peschka traut ihrer Protagonistin viel zu und schrammt dabei an einer verschwimmenden Grenze zwischen realitätsnah und unglaublich entlang. An manchen Stellen erzeugt das Geschriebene Verwirrung, was den Leser*innen vermutlich Fannis Zustand näher bringen soll. Auch sie ist sich oft nicht sicher, was sie gerade dabei ist zu tun, was richtig und was falsch ist. Fannis Mut zu Abenteuer und Unkonventionellem macht jedenfalls Spaß, ihre Lust, Widerstand zu leisten regt zum Nachdenken an. Der Erzählstil Peschkas, die Fanni aus der Ich-Perspektive berichten und sinnieren lässt, wechselt zwischen ironischem Unterton, selbstzweiflerischen Denkkaskaden und Erlebnisberichten. Diese Wechsel irritieren ab und an, aber Irritation ist kein schlechter Motor für Veränderung!

Gerda Kolb

Karin Peschka: Putzt euch, tanzt, lacht. 308 Seiten, Otto Müller Verlag, Salzburg/Wien 2020, EUR 23,00