Entschieden für Veränderung

Die zehn übersetzten Stories stellen eine US-amerikanische Autorin vor, deren literarisches Schaffen um die Jahrhundertwende begann und in den späten 1920er-Jahren (v.a. auch mit Theaterstücken) seinen Höhepunkt erreichte. In den 50er-Jahren, nach ihrem Tod, wurde Susan Glaspell jedoch links liegen gelassen, wie ihr Übersetzer Henning Bochert in seinem Nachwort anmerkt. Zu kritisch, emanzipatorisch und sozialistischen Ideen zugewandt waren wohl ihre Geschichten. Mit genauem Blick auf gesellschaftliche Zusammenhänge und Zustände begegnet sie individuellen Schicksalen von Zeitungsjungen, Bauern, Hausfrauen, Revolutionär_innen, gefallenen Unternehmern und Senatoren eines Midwest-Amerikas. Immer sind weitreichende Entscheidungen zentral, die Integrität, Solidarität und Menschlichkeit abverlangen und von Glaspells emphatisch gezeichneten Figuren hoffnungsvoll mutig getroffen werden. Ihre Themen sind ein Jahrhundert später immer noch aktuell: Klassenunterschiede, Geschlechterverhältnisse, Generationenkonflikte, koloniale Aneignung, Effizienzsteigerung, ‚Boosterism’… Die Rose am Bucheinband verbildlicht Aspekte der erst- sowie der letztgereihten Erzählung, die beide etwas zu viel Pathos bemühen. Es lohnt, sich weiter in die Mitte des Buches vorzuwagen: In der Chronologie ihres Erscheinens geordnet, weisen die Stories aus Glaspells späten 30ern, frühen 40ern einen pointierteren Ton auf, der Sexismus und Rassismus mit entlarvendem Humor beikommt.

Steffi Franz

Susan Glaspell: Die Rose im Sand. Aus dem amerik. Engl. von Henning Bochert. 280 Seiten, Dörlemann, Zürich 2023 EUR 26,80