Ida Bauer – Schwester und „Dora“

Ida ist ein Roman über die historische Ida Bauer, die in Wien 1882 geboren und als „Fall Dora“ in Sigmund Freuds Schriften berühmt wurde als jene Patientin, die die Behandlung nach nur 14 Wochen abbrach und anhand derer Freud das Phänomen der Übertragung beschrieb. Idas Bruder Otto Bauer wiederum war ein einflussreicher Sozialdemokrat, ihr Sohn Kurt Adler machte Karriere als Dirigent in den USA. Das vorliegende Buch stellt diese Frau im Rahmen ihrer berühmt gewordenen Verwandten vor und setzt ihre kurze Psychoanalyse mit ihren (möglichen) Konsequenzen in den Mittelpunkt der Handlung, die sich in drei große Abschnitte – in Vor- und Rückblenden – aufteilt: Ida Bauers Aufwachsen, ihre Perspektive auf die als übergriffig und trivial dargestellten Einheiten bei Freud und die Flucht vor der NS-Verfolgung in die USA. Erzählt wird dies von einer Autorin, die Idas Urgroßenkelin ist und das Buch der Adlerfamilie widmet. Damit wird eine zu geringe Distanz sichtbar, die dem Buch nicht gut tut, das sich zwischen mehreren Geschichten nicht verorten kann – mal ist es ein biografisches Denkmal für die unsympathisch gezeichnete Ida, mal eine Rache an Freud, der sexualisierte Gewalt zur uneingestandenen Liebe verdreht, dann wieder ein Buch über die NS-Verfolgung. Sprachlich changiert es je nach Abschnitt von einem gewollt altertümlichen Wienerisch, das sich hölzern liest, bis hin zur spannenden Fluchtschilderung. Es gibt wohl gut recherchierte Einblicke in jüdisches Frauen-/Leben in dieser Zeit, aber literarisch und stilistisch kann es nicht überzeugen.

Meike Lauggas

Katharina Adler: Ida. 511 Seiten, Rowohlt, Reinbek b. Hamburg 2018 EUR 25,70