Kritische Liebeserklärung an Yael Dayan

Viktoria Pötzl bietet ihren Leser_innen eine zutiefst persönliche, poetische, wie wissenschaftliche feministische Literaturanalyse der Werke der israelischen Politikerin, Schriftstellerin, Friedensaktivistin und Advokatin für Schwule, Lesben sowie Menschen mit Behinderung: Yael Dayan. Ihre Analyse reflektiert die Position Dayans in deren Texten zur Jüdischen Kultur und Tradition sowie zum Israelischen Nationalismus. Kritisch analysiert sie Dayans Beiträge zur nationalen Identität und zu israelischen Geschichtsnarrationen, die Rolle von Gedenken und Shoah ebenso wie von Sexualität und Liebe, Feindbildern und Krieg. Sie informiert über die historischen Hintergründe, um Dayans öffentliche und politische Rolle im Kontext Israels sowie ihre textliche Bearbeitung israelischer Identitätskonstruktionen fassen zu können. Ihre Ausführungen zu Geschichte und Geschichtsschreibung über den Verlauf des 20. Jahrhunderts hinweg sind aber nicht überbordend. Anhand Dayans Werken zeigt Pötzl die Wandelbarkeit von Identitätskonstruktionen besonders auch in Hinblick auf die Konstruktion palästinensischer Figuren. Sie betont subversive und unerwartete Aspekte in Dayans Texten, die die Gewaltförmigkeit der Konstruktionen von Nation und nationaler Zugehörigkeit an der Schnittstelle von Alter, Krankheit und Geschlecht deutlich machen. Dadurch macht Pötzl nicht nur ihre Methodologie der Textimmanenz plausibel, sondern beweist auch, wie wertvoll Dayans Oeuvre besonders in seiner historischen Zusammenschau ist.
Katharina Wiedlack

Viktoria Pötzl: Nation, Narration und Geschlecht. Eine feministische Literaturanalyse der Werke Yael Dayans. 191 Seiten, Neofelis, Berlin 2018 EUR 25,80