Lokale Repräsentationen globaler Ungleichheiten

Wie sind das neoliberale Europa, prekarisierte Arbeitsmärkte und Stereotype über ‚Ost-Europa’ mit Sexarbeit verwoben? Dieser Frage geht Probst in vorliegendem Buch anhand des konkreten Beispiels Berlins nach. Basierend auf einer jahrelangen ethnographischen Feldforschung taucht die Autorin tief in die heterogenen Lebens-und Arbeitswelten sexarbeitender Personen aus ‚Ost-Europa’ ein und skizziert anhand vielfältiger Beispiele, wie sich globale Ungleichheiten auf Verhaltensweisen, Orientierungen, Verkörperlichungen und Lebensverhältnisse dieser spezifischen Gruppe auswirken. Sie arbeitet heraus, wie neoliberale Transformationen, die Hierarchisierung eines Europas in ein hegemoniales Westeuropa und das ‚Andere’ sowie weitere Faktoren struktureller Ungleichheiten prekarisierte Arbeitsmärkte, Lebensverhältnisse und Subjekte produzieren und wie sich sexarbeitende Personen innerhalb dieses Spannungsverhältnisses bewegen. Dabei dechiffriert sie Stereotype von osteuropäischen Sexarbeiter:innen als passive Opfer, verdeutlicht die Vielschichtigkeit der Lebenswelten von migrantischen Sexarbeit:innen und analysiert vergeschlechtlichte, ethnifiziert-rassifizierte und klassistische Faktoren von Ausbeutungsmechanismen. Eine sehr dichte und teilweise etwas repetitive Studie, die einen wichtigen, fundierten, kritischen Beitrag zu einer emotional und moralisch aufgeladenen Debatte leistet.
Maria Hörtner
Ursula Probst: Prekäre Freizügigkeiten. Sexarbeit im Kontext von mobilen Lebenswelten osteuropäischer Migrant*innen in Berlin. 282 Seiten, transcript, Berlin 2023 EUR 39,00