mad lady in the attic 

Der Name Bertha Antoinette Mason steht in der Literatur für das Hindernis zu Jane Eyres Liebesglück. Die Verrückte am Dachboden. Doch abseits des lakonischen Urteils, es handle sich um eine mörderische Wahnsinnige, gewährt uns Brontë keine Einsicht in die Figur. Dazu bedarf es der Neuauflage dieses bereits 1966 erstmals erschienen Romans, der nun in neuer Übersetzung vorliegt und in dem Antoinette endlich eine eigene Stimme erhält. Denn mag der ach so edle Mr. Rochester auch lamentieren über die ihm aufgezwungene Braut, groß nach ihrer Meinung gefragt wurde sie selbst auch nicht. Jean Rhys liefert eine Vorgeschichte, führt nach Jamaica in eine Zeit in der die Sklaverei noch nicht allzu lange abgeschafft ist. Antoinette wächst unter ärmlichen Verhältnissen auf, kann weder in der Welt der Weißen noch in der der Schwarzen Geborgenheit finden. Ihre Mutter zerbricht langsam an den geänderten Verhältnissen, und auch als diese erneut heiratet und damit zumindest einen Weg aus der Armut findet, bestimmt Ungewissheit Antoinettes Weg ins Erwachsenenleben. Die Heirat mit dem englischen Mitgiftjäger erscheint ihr anfangs als Ausweg, doch schon bald trüben Andeutungen und Gerüchte das vermeintliche Glück. Mit Rochesters wachsender Ablehnung steigt Antoinettes Verzweiflung und manifestiert sich letztlich in psychischer Krankheit. Doch da ist sie bereits auf dem Weg nach England, nur noch wenige Schritte von dem Dachboden entfernt auf dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wird. baw

Jean Rhys: Die weite Saragossasee. Roman. Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek. 232 Seiten. Schöffling & Co., Frankfurt / M.
2015  EUR  22,60