Mehr Khaki als Orange
Für ein Drogendelikt geht Piper Kerman für 15 Monate ins Gefängnis. Als weiße Frau aus der gehobenen Mittelschicht ist sie selbst dort, wo Menschen entrechtet sind, zur Nummer degradiert werden und der Willkür des Personals ausgesetzt sind, privilegiert. Sie hat gute Anwälte, einen Mann, Eltern und FreundInnen, die sie während ihrer Haft unterstützen. Im Gefängnis lernt Piper schnell die formellen und informellen Regeln und passt sich an das Gefängnisleben an. Sie schildert die Solidarität der sehr diversen Frauen, die aber nicht nur entlang der unterschiedlichen Ethnien, sexuellen Orientierungen und sozialen Klassen gelebt wird. Es sind diese Orientierungslinien und die – oft verbotenen – Rituale, über die sich die Häftlinge einen Rest von Selbstbestimmung erhalten und die sie gleichzeitig physisch und psychisch überleben lässt. Die Autorin spart nicht mit Kritik am für viele Firmen lukrativen US-Gefängnissystem, das straffällig gewordene Menschen möglichst kostengünstig verwahrt und wenig auf das Leben danach vorbereitet. Im Unterschied zur gleichnamigen TV-Serie distanziert sich die Autorin merklich von der Zeit, als sie lesbisch gelebt hat, und spart nicht mit Pathos, wenn sie von ihrem Hetero-Leben erzählt. Dennoch: Nach dieser Lektüre wirkt kurzzeitig vieles im eigenen Leben weniger selbstverständlich. Roswitha Hofmann
Piper Kerman: Orange is the new black. Mein Jahr im Frauenknast. Aus dem Englischen von Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger. 383 Seiten, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2015 EUR 10,30