Nancy Cunard, die Frau der Ringe
Magische Ringe und Kampfrüstzeug zugleich: Die klirrende Armreifensammlung bis zum Ellenbogen war ihr Markenzeichen. Nancy Cunard, 1896 in eine britische Adelsfamilie geboren, fühlte sich früh zu afrikanischem Schmuck und Masken hingezogen. Später wird sie als Vorreiterin gegen Rassismus in die Geschichte eingehen. Autorin Unda Hörner erzählt rasant von einem radikalen Leben – voller Exzentrik, Engagement und Einsamkeit. Geprägt von der Abwesenheit der Eltern – der Vater ist Erbe einer weltberühmten Reederei, die Mutter eine umtriebige Gesellschaftsdame – rebelliert Cunard gegen das ihr zugedachte Rollenbild als bürgerliche Ehefrau. In den 20ern zieht sie nach Paris, taucht ein in die Welt der Literatur, der Avantgarde. Verkehrt mit den Surrealisten, die nach dem ersten Weltkrieg mittels Kunst neue Bewusstseinsebenen und eine neue Weltordnung erschließen wollen. Nancy Cunard ist keine Theoretikerin, nutzt ihren wohlhabenden Hintergrund. Sie gründet einen eigenen Verlag und fördert junge Kunstschaffende. Als Frau nimmt sie sich ihre Freiheit, lebt zahlreiche Liebesaffären. Als sie sich öffentlich zu ihrem schwarzen Freund – einem Jazzpianisten – bekennt, will sie sogar ihre eigene Mutter polizeilich verfolgen lassen. Cunards Antwort: Sie sammelt Beiträge von Berühmtheiten wie einfachen Bürgern, bringt die Anthologie Negro heraus. Ur-Impuls der Black-Lives-Matter-Bewegung. Einen fixen Anker auf Beziehungsebene findet Cunard nie. Sie stürzt sich weiter in politischen Aktivismus: Kämpft im zweiten Weltkrieg gegen Faschismus, dann für die Bürgerrechte in Spanien. Am Ende ihres extremen Lebens: Alkohol und Einsamkeit. Ein Leben wie ein langes Gedicht gegen alle Kriege dieser Welt.
Nina Kreuzinger
Unda Hörner: Nancy Cunard. Zwischen Black Pride und Avantgarde. 142 Seiten, ebensbach & simon, Berlin 2021 EUR 18,50