Over the Rainbow

Hosenrollen, Countertenöre und Männer in Frauenkleidern, ohne sie wären europäische Theater und Opernbühnen nie ausgekommen. Asta Nielsen, erfolgreicher Stummfilmstar und Produzentin, switchte in ihren Filmrollen, ähnlich wie Liesl Karlstadt oder Marlene Dietrich, ungeniert zwischen Rock und Hose. Annette Raczuhn geht nun der spannenden Frage zu Trans*Gender im Film und der damit einhergehenden Entstehung von Alltagswissen nach. Als Dissertation entstanden widmen sich drei Kapitel den theoretischen und methodischen Zugängen zu diesem komplexen Thema. Kurz und knackig werden 15 Filme, ohne Unterscheidung zwischen Low- oder Big-Budget-Film, analysiert. Da finden sich Ed Woods Glen or Glenda (1953) neben Billy Wilders Some like it hot (1959), Jim Shermans Rocky Horror Picture Show (1975) in Nachbarschaft zu Barbra Streisands Yentl (1982) bis hin zu Albert Nobbs (2011) von Rodrigo Garcia. Differenziert und präzise sind die Analysen von Boys don’t cry (1999) von Kimberly Peirce, Transamerica (2005) von Duncan Tucker und einige mehr. Das abschließende Kapitel „Der Gender-Film als Filmgenre“ ergibt eine kompakte Zusammenfassung der Ergebnisse. Annette Raczuhns Arbeit hätte bei aller Theorielastigkeit ein fades und trockenes Buch werden können. Wer sich aber darauf einlässt, querlesen und nachschlagen funktioniert ebenso wunderbar, wird hingegen mit einer äußerst aufschlussreichen Lektüre belohnt.
Elisabeth Streit
Annette Raczuhn: Trans*Gender im Film. Zur Entstehung von Alltagswissen über Transsex* in der filmisch-narrativen Inszenierung. 508 Seiten, transcript, Bielefeld 2018 EUR 49,99