Politisch lieben und entlieben
Zwei Bücher in einem, die sich schlüssig ergänzen und bei Literaturverzeichnis und Danksagungen treffen: Lann Hornscheidt teilt jahrelanges Denken und Suchen, Überlegungen und Erfahrungen in Bezug auf Lieben, Beziehungen und den Wunsch nach Weltveränderung. In dem einen Teil werden die Zusammenhänge von Kapitalismus mit objekthaften, entfremdenden Liebeskonzepten aufgezeigt, und wie sie eine Welt- und Selbstverbundenheit verhindern, das heißt: Ego-Liebe. Doppelt so ausführlich widmet sich Hornscheidt aber dem Handelnden am Lieben, mit Selbstlieben als Voraussetzung. So gesehen wird Lieben zum diskriminierungskritischen Weg und politischen Handeln, das grundlegenden Verzicht auf Gewalt – auch als Gegengewalt – erfordert. Neue Kommunikations- und Ausdrucksformen sind dafür nötig und das ganze Buch ist beispielhaft dafür, wie das gehen könnte. So ist konsequent von ent-nannt weißen, cis-frauisierten, nicht-behinderten oder ecs-gegenderten Personen und Nah-Beziehungen die Rede, Gaps finden sich auch mitten im W_ort, Heter@normen lassen sich lateinamerikanische Aktivist_innen zitierend so als mit a und o zugleich endend benennen. Auch die Schriftsetzungen variieren entlang der verschiedenen Textsorten, es wechseln der hauptsächliche Fließtext mit inhaltlicher Darstellung, Persönliches in Courier-Schrift und grafisch dargestellte Notizzettel mit Ringlochung oben für zentrale Aussagen, links für Reflexionsübungen. Ein Mitdenk- und Arbeitsbuch voller liebevollem Weltbezug, politischem Begehren, Freude an Gedichten und inspirierender Literatur als Handlungsgrundlagen.
Meike Lauggas
Lann Hornscheidt: Zu Lieben. Lieben als politisches Handeln. Kapitalismus entlieben. 285+155 Seiten, w_orten & meer, Berlin 2018 EUR 8,30