Sagenumwoben
Yseut erlebt Abenteuerepisoden wie eine Heldin im mittelalterlichen Epos. Jedes Kapitel erzählt von speziellen Ereignissen, die erklären „wie es dazu kam, dass…“. Ganz nebenbei lässt Marlene Streeruwitz ungeheuerliche Szenen von großer emotionaler Erschütterung in diese scheinbar ungefährliche, überschaubare Form einfließen. Wechsel von Rückblenden und fortlaufender Erzählung in der Gegenwart gehen dabei unerwartete Assoziationen ein. Politische, literarische und historische Querverweise unterwandern die Vorstellung einer linearen Erzählung. Der Stil liest sich, als würde man beim Denk- und Schreibprozess direkt dabei sein. Wiederholungen, kurze Sätze. Dazwischen ausschweifende Darstellungen und klar formulierte Unausweichlichkeiten. „Sie hatte erwartet, irgendwann könne geredet werden. Irgendwann hätten alle so viele Erfahrungen, um begreifen zu können, dass alles ausgesprochen werden konnte.“ Erinnerungen an die Weltkriege und das Schweigen über die österreichische Rolle in der NS-Zeit, die Flower Power Ära in Kalifornien, der Roadtrip nach Italien – Details wie diese finden sich in den 37 „Folgen“ des Romans verbunden durch die kritischen Selbstreflexionen der Protagonistin. Susa
Marlene Streeruwitz: Yseut. Abenteuerroman in 37 Folgen. 416 Seiten, S. Fischer, Frankfurt/M. 2016 EUR 25,70