Schnittflächen – Frauen und Recht

Die emeritierte Rechts- und Sozialwissenschaftlerin Ute Gerhard hat ein weiteres interdisziplinäres Grundlagenwerk zum Thema rechtlicher Veränderungsprozesse im Geschlechterverhältnis veröffentlicht. Geschlecht als politische Kategorie sagt etwas über gesellschaftliche Möglichkeiten der Teilhabe aus, insbesondere wenn es um Tätigkeiten in der Kernzone Familie oder um Erwerbsarbeit geht. Reflexionen über Geschlechterdifferenz und die daraus entwickelte Praxis darf sich nicht vom Neoliberalismus vereinnahmen lassen.
Gerhards Text ist grob in drei Teile gegliedert, im ersten wird die Bedeutung der Menschenrechte für Frauen verhandelt, die ja von strukturellen Unrechtserfahrungen und unzulänglicher ökonomischer Partizipation stärker als Männer betroffen sind. Sie bezieht dabei die Forderungen der nicht leicht einschätzbaren dritten Frauenbewegung ein. Im zweiten Abschnitt unternimmt sie einen historischen Rechtsvergleich im Hinblick auf die Durchsetzung von Frauenrechten und arbeitet dabei heraus, welche unterschiedlichen Voraussetzungen in Nationalstaaten für die Errungenschaft des Frauenwahlrechts vorhanden waren. Im dritten Abschnitt konstatiert sie relativ ernüchternd, dass zwar vieles für Frauen erreicht wurde, sich aber aktuell ein Stagnationsprozess für Frauen im Gerechtigkeitskampf an den unterschiedlichen Tatorten abbildet. Formale Gleichberechtigung ist nicht mit materialer oder substanzieller Gleichheit zu verwechseln, dennoch sind erreichte, in Gesetzesform gegossene Ziele in den Kämpfen zu reflektieren.
ML
Ute Gerhard: Für eine andere Gerechtigkeit – Dimensionen feministischer Rechtskritik. 405 Seiten. Campus, Frankfurt/M 2018 EUR 36,00