Theoda
Das Buch ist ein Eldorado an gefühlvollen Landschaftsbeschreibungen und literarischen Bildern von Wind und Wetter. Die Erzählfigur ist ein Mädchen. Zu Beginn der Geschichte steht die Hochzeit des ältesten Bruders: Er heiratet Theoda. Die junge Braut, eine Fremde im dörflichen Mikrokosmos, stammt aus einem benachbarten Ort. Ihre bunte Kleidung und ihr starkes „für sich Sein“ wecken Verdacht. Sie wird mit einem anderen Mann gesehen. Verdacht, Vermutung und großes Schweigen ergeben einen erzählerisch dichten Morast. Der Ausdruck der Sprachlosigkeit und des nicht direkt über Erlebtes, Gesehenes, Gedachtes und Gefühltes sprechen Könnens oder Wollens ist die prägende Konstante im Buch. Letztlich treten meuchelmörderische Verhältnisse zu Tage. Die Stimmung im Buch erinnert an das Dorf „Schweigen“ in Hans Leberts Roman „Die Wolfshaut“. Es braucht Muße, sich auf den Ausflug in die Vergangenheit dörflichen Lebens einzulassen. Nicht ganz teilen konnte ich die große Bewunderung der Erzählfigur für die junge Theoda. Wenngleich die Begeisterung des Mädchens für die außergewöhnliche Frau nachvollziehbar ist: Die Beschreibung von Theoda selbst konnte mir dies nicht vermitteln. Die angebotene soziokulturelle Reise macht das Buch in jedem Fall lesenswert: Die französische Originalausgabe des Buches stammt aus dem Jahr 1944. Gerlinde Mauerer
S. Corinna Bille: Theoda. Roman. Übersetzt von Gabriela Zehnder. 200 Seiten, Rotpunktverlag, Zürich 2014 EUR 20,50