Unbezahlte Arbeit bleibt weiblich

In zwölf Artikeln skizzieren acht Journalist*innen Aspekte gesellschaftlich notwendiger Sorgearbeit: 24-Stunden-Pflege, aber auch die Leerstelle, die die Pfleger*innen bei sich zu Hause zurücklassen, das holländische Pflegemodell, Bubenarbeit und Geschlechtererziehung in der Schule, Väterkarenz und familiäre Reproduktionsarbeit, Familienhilfe, Hospizbegleitung… Verrichtet wird die Sorgearbeit als Lohnarbeit, im Ehrenamt oder als unbezahlte Arbeit. Quer durch alle Bereiche zieht sich die ungleiche Verteilung unterbezahlter und unbezahlter Arbeit im Privaten und im Öffentlichen nach Geschlechtern.
Im Vorwort bezeichnet ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die großteils von Frauen geleistete unbezahlte Sorgearbeit als blinden Fleck der Gewerkschaften. Ist Sorgearbeit Lohnarbeit, ist sie unterbezahlt. Seine Aussage „die Zukunftsbranche Pflege attraktiver zu machen“ sei ein Anliegen der Gewerkschaft, steht diametral zum im März 2020 unter Covid-19 Bedingungen zwischen GPA-djp/vida und Arbeitgeber*innen ausgehandelten miserablen Kollektivvertragsabschluss der Sozialwirtschaft Österreichs. In einer Zeit, in der sich viele Menschen händeklatschend an die Arbeitenden im Pflege- und Gesundheitsbereich erinnern werden, wäre mehr drinnen gewesen, als 1 Stunde Arbeitszeitverkürzung ab 2022 im Gegenzug zu 33% statt 50% Mehrstundenzuschlag in einem Teilzeitjobbereich! Dass der ÖGB ein Buch zur Sorgearbeit herausgibt, aber die kämpferischen Arbeitenden mundtot macht, dämpft die Freude an der lesenswerten Aufsatzsammlung.

Sena Dogan

Wen kümmert’s? Die (un-)sichtbare Sorgearbeit in der Gesellschaft. Hg. von Elisa Tomaselli. 172 Seiten, ÖGB Verlag, Wien 2019, EUR 19,90