Verzahnte Ausgrenzung
Der Band „Antisemitismus – Antifeminismus“ nimmt sich zwei zentrale Ausgrenzungsstrategien des 19. und 20. Jahrhunderts vor und geht den Überlagerungen, aber auch Konkurrenzverhältnissen zwischen beiden nach. Gut nachvollziehbar ist die Gliederung in drei große Blöcke: „Frauen als Akteurinnen“ umfasst u.a. Beiträge zum Umgang (besser: Nicht-Umgang) der radikalen Frauenbewegung Ende 19./Beginn 20. Jhdt. mit Antisemitismus sowie zur Rolle von Frauen als antisemitische Agitatorinnen. Der folgende Block zeigt u.a. Verknüpfungen von Antisemitismus und Antifeminismus im aufkommenden Deutschnationalismus und bei den Vordenkern der Moslembruderschaft. Im dritten Teil geht es um konkrete Ausgrenzungsstrategien. Besonders in den Beiträgen zu Habilitandinnen an der Uni Wien vor 1938 und zu Parlamentarier*innen jüdischer Herkunft in der Weimarer Republik werden auch die Spezifika der antisemitischen Ideologie deutlich. Hervorzuheben ist auch Karin Stögners einleitender Beitrag, der eine spannende theoretische Einbettung bietet – allerdings bezieht sich Stögner explizit auf Antisemitismus und Sexismus (und eben nicht auf Antifeminismus). In einigen der anderen Beiträge wird das dann weniger klar ausgesprochen, so dass Antifeminismus scheinbar jede Form von Frauenfeindlichkeit bezeichnen kann. Überraschend ist auch, dass neuere analytische Konzepte aus der feministischen Forschung – etwa Intersektionalität – gar nicht aufgegriffen werden.
Stefanie Mayer
Antisemitismus – Antifeminismus. Ausgrenzungsstrategien im 19. und 20. Jahrhundert. Hg. von Frauen & Geschichte Baden-Württemberg e.V. 238 Seiten, Ulrike Helmer Verlag, Roßdorf b. Darmstadt 2019, EUR 22,70