Von der Irritation zur Transformation?

Die Pädagogin und Rassismusforscherin Hanna Hoa Anh Mai untersucht in ihrer Dissertation, welche Erfahrungen Pädagog*innen of Color in Deutschland hinsichtlich des Zusammenwirkens von Rassismus und Professionalität machen. Wie erleben sie selbst Rassismus in ihren Ausbildungs- und Arbeitskontexten? Beinhaltet die Positionierung als Pädagogin of Color ein Risiko, weil damit in einer rassistischen Normalität Irritation und Zuschreibungen einhergehen? Pädagog*innen of Color berichten davon, dass ihnen auf Grund ihres nicht weiß-Seins bestimmte Fähigkeiten und Aufgaben zugewiesen werden, beispielsweise besonders geeignet für die Arbeit an einer sogenannten „Brennpunktschule“ zu sein. Gleichzeitig wird die eigene Rassismus- oder Migrationserfahrung von Pädagogin of Color häufig nicht als Expert*innenwissen anerkannt, sondern als subjektive Erfahrung abgewertet. Kann die Markierung als of Color aber dennoch auch als Chance gesehen werden, über die Anerkennung als professionelle Pädagogin den (Fach)Diskurs mitzubestimmen und die rassistische Normalität zu transformieren? Anschließend an eine theoretische und methodologische Verortung verarbeitet die Autorin 10 narrative Interviews mit Pädagog*innen of Color. Für Leser*innen, die mit Konzepten und macht- und rassismuskritischer Theorie bereits vertraut sind, bieten vor allen die Ausschnitte aus den Interviews und deren Auswertung spannende und auch berührende Einblicke in die Erfahrungen und das Selbstverständnis von Pädagog*innen of Color. Die Auswirkungen rassistischer (Macht)Strukturen im Bildungsbereich sind ein aktuelles und relevantes Thema und gehören dringend sowohl innerhalb als auch außerhalb des deutschsprachigen pädagogischen Diskurses hinterfragt.

Sabine Schröder

Hanna Hoa Anh Mai: Pädagog*innen of Color. Professionalität im Kontext rassistischer Normalität. 280 Seiten, Beltz-Verlag, Weinheim 2020 EUR 41,00