Wahnsinn oder Freiheitsdrang?

Johanna ist wild. Sie schreit, sie schweigt, sie wirft sich zu Boden, sie liebt, sie hasst, sie wehrt sich, als man sie einsperrt. Sie ist schlau, doch auch zu vertrauensselig. Sie riskiert alles. Sie vergibt großmütig und rächt sich, wenn es sein muss. Und wenn es sein muss, hört sie auch auf zu essen. Johanna wird „die Wahnsinnige“ genannt. Als Frau des Habsburgers Philipp, genannt „der Schöne“, wird sie zum Spielball der Politik, ihrer Familie, der spanischen und niederländischen Stände, ihres Mannes. Wem kann sie vertrauen, wer versucht sie auszuschalten, um über sie hinweg den spanischen Thron zu erringen? Niemandem kann sie vertrauen. Nicht Philipp, der sie schmählichst hintergeht, nicht ihrem Vater, nicht ihrer Mutter, die sie allerdings doch am Ende verstehen lernt. Alexa Hennig zeigt uns die bekannt temperamentvolle spanische Königstochter als moderne junge Frau, die ihren Weg sucht und sich selbst finden möchte. Sie muss lernen, mit ihren Gefühlen zu leben, muss herausfinden, was sie will und wie sie sich von denen distanzieren kann, die ihr schaden wollen. Dieses Buch beansprucht keine historische Authentizität, doch Johanna verdient unsere Sympathie und Bewunderung für ihren starken Willen. Ein spannendes Buch für junge Frauen auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden.

Sabine Reifenauer

Alexa Hennig von Lange: Die Wahnsinnige. 208 Seiten, Dumont, Köln 2020,EUR 20,60