Weibliche Migration – Trauma und Chance
Der vorliegende Band liefert einen wichtigen Beitrag zur aktuell hochbrisanten Migrationsdebatte. Die Migration von Frauen, insbesondere der 1. Generation, wurde bislang völlig unzureichend untersucht. Im gesellschaftspolitischen Kontext von immer restriktiveren Einwanderungsgesetzen, rassistischen Tendenzen und einseitigen Forderungen an MigrantInnen sich zu integrieren, analysiert Bär Migration als Krise und Trauerprozess. Sie kombiniert Erkennt¬nisse aus der Psychoanalyse mit einer sozio-kulturellen Perspektive und zeigt, wie objektiv materielle Bedingungen und die mitgebrachte psychische Ausstattung ineinandergreifen. Die individuelle psychische Verarbeitung der Migrationserfahrung wird beeinflusst durch die sozialen und ökonomischen Hintergründe, die zur Migration führen, sowie auch durch die Bedingungen im Aufnahmeland. Eine wichtige Rolle spielen auch die Beziehungen zu den im Heimatland zurückgebliebenen Angehörigen. Migration oder Integration wird als (langwieriger) Prozess beschrieben, ein Prozess, der nicht linear verläuft, sondern zwischen Regression und Progression und zwischen den verschiedenen Gruppenloyalitäten hin- und herpendelt. Migration ist ein komplexer Prozess, in dem im günstigsten Fall eine hybride, polyvalente Identität zu entwickeln ist. Arbeits- und Heiratsmigrantinnen werden im Kontext globaler Umbrüche gezeigt, dabei sind die Frauen nicht nur Opfer der Verhältnisse, sondern gestalten diese auch aktiv mit.
Susanne Schweiger
Christine Bär: Trennungs- und Verlusterfahrungen von Arbeitsmigrantinnen. Eine Studie zu psychosozialen Verarbeitungsmöglichkeiten. 174 Seiten, Psychosozial Verlag, Gießen 2018 EUR 20,50