Widerstand in einer kaputten Welt

Wir befinden uns im Großbritannien der Zukunft –heruntergewirtschaftet, verlassene Landstriche, keine landwirtschaftliche Produktion mehr – die verbleibenden Menschen leben in Städten, arbeiten sinnentleert in Fabriken und bekommen importierte Nahrung in Dosen, überwacht und gesteuert vom diktatorischen Regime der Obrigkeit. Eine Frau bricht aus. Sie nennt sich Schwester, und sie möchte nach Carhullan, einer von Frauen geführten Farm, sie erhofft sich dort ein anderes Leben. Schwester verlässt heimlich ihren Ehemann und bricht zu Fuß ins Hinterland auf. Sie erreicht Carhullan und stellt schnell fest, dass es anders ist als erwartet. Die Frauen, angeführt von Jackie, nehmen sie keineswegs mit offenen Armen auf. Das Leben auf der Farm ist hart, sie muss sich ihren Platz in der Gemeinschaft erst erarbeiten. Aber Schwester ist tough genug, um das hinzukriegen. Jackie hat jedoch noch andere Pläne – sie will die Obrigkeit stürzen und das fatale System beenden. Sarah Hall zeigt in ihrem sehr gelungenen dystopischen Roman, wie leicht Klima- und Wirtschaftskrisen in einer Diktatur münden und wie schnell das Leben in einem solchen Regime völlig sinnentleert wird. Sie zeigt aber auch, dass alternative Lebensentwürfe jenseits des Systems auf Dauer zum Scheitern verurteilt sind, wenn sie sich nicht auch mit aller Kraft gegen die diktatorischen Strukturen auflehnen.
Gabriele Mraz
Sarah Hall: Die Töchter des Nordens. Aus dem Engl. von Sophia Lindsey. 252 Seiten, Penguin Verlag, München 2021 EUR 20,90