Mit den Waffen einer Frau
Bürgerliche Berufe und Prolo-Vorstädte, stolz, vernarrt oder einfach pragmatisch. Inszenierte Farbporträts, die wenig aus dem Leben der Frauen erzählen. Sie sind „random“, irgendwelche Frauen, anders gesagt: jede könnte eine Waffe tragen.
Shelley Calton fotografiert texanische Frauen mit Schusswaffen. Puh, könnte mensch sagen, was ist denn daran feministisch? Eine Frau, die mit ihrer Pistole im Bett liegt, eine andere, die mit der einen Hand das Kleinkind, mit der anderen die Waffe tätschelt, eine dritte, die sie auf die „Holy Bible“ gelegt hat – schütz mich Gott, sonst schieß ich halt.
„Political view aside“, schreibt die (selbst texanische) Fotografin, „my intention (…) is to give the viewer a glimpse into a subculture of Texas women that will not become victims.“ Das ist die Begründung der meisten Fotografierten: Sie tragen Waffen, weil sie dann sicherer sind. So far, so fair. Die Fragen, ob die Gewalttäter wirklich alle von außerhalb kommen (und was frau gegen die innerhalb der eigenen vier Wände macht? Auch schießen?) und ob die texanische Legerheit, mit der Waffen getragen und benützt werden, zu dieser besseren Welt beiträgt, von der wir doch träumen (oder?), muss Calton sich gefallen lassen. Tut sie auch. „I found that gun ownership gives women an opportunity to make a bold statement. They refuse to be vulnerable and victimized.“
Wie schon bei „Rolling with the Derby Girls“ („Hard Knocks“, Fotoband 2009) oder im Fotoprojekt „Invisible Threads“, in dem sie einst edle, abgenutzte Unterwäsche aus dem Second Hand Laden fotografierte, geht sie den „unsichtbaren Fäden“ nach, die die individuellen Lebenserfahrungen der Frauen ebenso symbolisieren wie ihre Verbundenheit zueinander. Lisa Bolyos
Shelley Calton: Concealed – She’s got a gun. Fotoband. Mit einem Vorwort von Laurence Butet-Roch. 122 Seiten, Kehrer Verlag, Berlin-Heidelberg 2015 EUR 41,10