Ein Winter der gebrochenen Versprechen
Die Geschichte Simbabwes ist in diesen 13 überschäumenden Miniaturen stets präsent. Die Wünsche, Träume und Enttäuschungen der Frauen, Männer und Kinder, ihr Lachen und ihre Verzweiflung durchziehen das Buch. Ein Land, das an Hyperinflation leidet und sich selbst mit Korruption und Heuchelei in den Wahnsinn treibt. Familienzusammenhalt nimmt oft unerwartete Formen an, Scham und Reue ebenso wie Angst vor tief verwurzelten Vorurteilen. Tanten und Mütter führen einen Zermürbungskrieg, der schon seit jeher landauf und landab zwischen Ehefrauen einerseits und den Müttern und Schwestern ihrer Ehemänner andererseits ausgefochten wird. Für die Einwohner von Mupandawana ist Ruhm ein dehnbarer Begriff, erst recht, wo jeder hier den Achselgeruch des anderen kennt. Hier entpuppt sich ein Sargzimmerer im Ruhestand, mit drei Paar Schuhen statt einer Rente, als fulminanter Meistertänzer. Ein Hausmädchen bläut Kindern ein, nicht draußen im Regen zu spielen, wenn sie rot gekleidet sind: Der Blitz mag alles, was rot ist, er wird sie jagen und niederschleudern und von innen verbrennen, selbst Eiterbeulen am Hintern sind ihnen sicher. Petina Gappah erkennt mit desperater Empörung, wie ihr Land zusammenbricht. Eindrucksvoll, witzig und anteilnehmend zeichnet sie die Lebensrealitäten und Charaktere quer durch alle Gesellschaftsschichten. In ihrer Darstellung eines postkolonialen, multiethnischen Landes reflektiert das Buch die Komplexität von Gappahs Hintergrund.
Diane Branellec
Petina Gappah: Im Herzen des goldenen Dreiecks. Aus dem Engl. von Patricia Klobusiczki. 304 Seiten, Arche, Hamburg/Zürich 2020, EUR 12,40