Positive (weibliche) Autorität
Wer hat Autorität und in welchem Verhältnis steht diese zu Freiheit und Macht? Der Sammelband mit dem inhaltlich etwas kontradiktischen Titel „Wie männlich ist Autorität“ besteht aus 16 hauptsächlich philosophischen Texten, die diesem jahrhundertealten Phänomen zu einem Zeitpunkt nachspüren, in dem westliche Demokratien zunehmend durch autoritäre Politik bedroht werden. Leitgebende Analysebasis bildet dabei die Geschlechterdimension, die in der europäischen Kulturgeschichte in sämtliche Figuren mit Autorität als männliche (implizit weiße) eingeschrieben ist. Die italienische Philosophinnengruppe Diotima begegnete dem jedoch bereits in den 1980er Jahre mit dem Konzept des Affidamento, das Bezugnahmen aufeinander unter Frauen fasst, die sich in einem Autoritätsverhältnis von Vertrauen und Differenz, aber ohne Machtanspruch gegenseitig anerkennen, sich spiegeln und in dieser Beziehung etwas Neues – Weibliches – schaffen (und sich damit nicht länger an männlichen Maßstäben oder Errungenschaften orientieren). Der Band versammelt mehrere Beiträge, die diesem Denken folgen, es erneuern, fruchtbar machen und für die feministische Wissenschaft kanonisieren, aber auch solche mit Hannah Arendts Text zu Autorität als Grundlage, deren kritische Auseinandersetzung mit Autorität nicht zuletzt unter der historischen Erfahrung von Totalitarismen erfolgte. Abgewogen werden schließlich aktuelle und einstige Möglichkeiten einer positiven, verantwortungsvollen Autorität, die nicht als Charaktereigenschaft aufgefasst wird, sondern ein wechselseitiges Verhältnis beschreibt, das – für einige – zu weiblicher Freiheit beiträgt. Ein in mehrerlei Hinsicht anspruchsvoll zu lesender Beitrag zur rechten Zeit.
Meike Lauggas
Wie männlich ist Autorität? Feministische Kritik und Aneignung. Hg. von Hilge Landweer und Catherine Newmark. 363 Seiten, Campus Verlag, Frankfurt/M.- New York 2018 EUR 41,10