Keine Freiheit ohne Gleichberechtigung
Auf 480 Seiten im passenden Cover beschreibt Tanja Kinkel die Beziehungen zweier bürgerlicher Frauen, einer Adeligen und einer Arbeiterin in der revolutionären Aufbruchstimmung von 1848 und den Jahren danach. Anhand der historischen Personen Luise Otto, Robert Blum, August Peters, Amalie und Gustav Struve, Clotilde Koch-Gontard und der Arbeiterin Susanne Grabasch entwickelt sich die Geschichte auf Schauplätzen der Aufstände von 1848 und 1849. Kinkel erzählt von der Gründung der konstituierenden deutschen Nationalversammlung, beschreibt engagierte bürgerliche Frauen und erwähnt auch die bittere Armut der Bevölkerung. Die Aufdeckungsjournalistin Luise Otto entlarvt den Geheimdienst Mainzer Informations-Bureau. Die Radikaldemokratin Amalie Struve nimmt aktiv an Aufständen teil. Clotilde Koch sieht heimlich der Nationalversammlung zu. Die Arbeiterin Susanne Grabasch wird wild durch ihr Leben gebeutelt. Während der Verrat, den Susanne an ihrer Herrschaft begeht, den sie am Ende wieder gut macht, lang und breit thematisiert wird, ist der Verrat des deutschtümelnden Bürgertums an der Arbeiter:innenklasse in der Revolution von 1848 kein Thema des Romans. Die Beziehungen und Freundschaften der vier Frauen schaffen es nicht, die Klassenschranken und den Paternalismus zu überwinden. Die Revolution bleibt eine bürgerlich nationale. Der Roman endet damit, dass die handelnden Frauen, die noch keinen hatten, zu ihren Ehemännern finden.
Henrike Kovaćić
Tanja Kinkel: Im Wind der Freiheit. 480 Seiten, Hoffmann und Campe, Hamburg 2025 EUR 26,80