Hinschauen und Handeln
Kathrin Aehnlich Romans spielt im Leipziger Lindewitz, in einem erfundenen Viertel, das aus den Stadtteilen Lindenau und Connewitz zusammengemischt wurde. Es macht Spaß ihn zu lesen, besonders als Lesende mit Regionalwissen über die Stadt und Wissen über vergangene Entwicklungen der letzten Jahre. Im Zentrum des Romans steht eine Familiengeschichte; die verschiedenen Personen erzählen pro Kapitel ihre jeweilige Sicht auf die Dinge. Und fragen sich, ob sie weiterhin schweigen oder doch endlich sprechen sollten. Etwas abseits und doch mittendrin steht Bruno, der Totengräber von Lindewitz, der die Menschen auf dem Marktplatz beobachtet und über ihre Geschichten weiß. Ebenfalls über allem schweben die „Vorkommnisse” vor einem Jahr, ein Übergriff von Rechten auf das Viertel… Humorvoll und sympathisch schildert Aehnlich verschiedene Perspektiven auf die derzeitige Situation in Leipzig und gibt Menschen aus Ostdeutschland eine wichtige Stimme, die in Zeiten der generellen Pauschalisierung eben dieser extrem wichtig ist. Im Roman zeigt sich die Sehnsucht der Autorin, dass die von ihr beschriebenen Menschen vielleicht doch irgendwann ihre Stimme erheben und das Schweigen brechen werden, sei es über ihre Geschichte oder über die stärker werdende rechte Radikalisierung im Viertel und überall.
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Kathrin Aehnlich: Der König von Lindewitz. 304 Seiten, Antje Kunstmann, München 2024 EUR 25,70