Die Leere in sich füllen
Oktober Okay ist eine gut zu lesende schmale Erzählung, die die namenlose Protagonistin durch Leipzig in den letzten Monaten der DDR begleitet. Geht es im ersten Teil primär um die Gedanken- und Gefühlswelt der Ich-Erzählerin, berichtet der zweite Teil des Buchs von den politischen Umbrüchen des Jahres 1989. Dabei werden die Lesenden mitgenommen auf eine Zeitreise in die künstlerische Subkultur Leipzigs sowie in die sich ausbreitende gesellschaftliche Unzufriedenheit über die politischen Zustände des Landes. Der Debütroman von der auch als Musikerin tätigen Fiona Lehmann versucht, den depressionsartigen und verzweifelten Zuständen der Protagonistin ebenso viel Raum zu geben wie den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, in denen sie sich befindet – häufig fehlen jedoch die Verbindungen der beiden Ebenen. Flüchtet sich die Erzählerin im ersten Teil in sexuelle Beziehungen zu älteren Männern, um die Leere in sich zu füllen, versucht sie dasselbe im zweiten Teil durch politisches Engagement; und scheitert doch beide Male daran. Umso irritierender ist der vermeintliche Ausweg durch ein romantische Liebesversprechen am Ende des Romans. Das ist auch das größte Manko des Buchs: man nimmt der Hauptfigur ihren Charakter, ihre Gedanken und Gefühle nicht ganz ab. Dennoch eine schöne Erzählung.
Nike
Fiona Lehmann: Oktober okay. 142 Seiten, Ventil Verlag, Mainz 2024 EUR 20,50