Mit der Großmutter dem Sterben auf der Spur
In ihrem Debütroman Sterben üben widmet sich Katharina Feist-Merhaut Fragen rund um Tod, Alter und Pflege. Sie sucht Antworten in Literatur, Familiengeschichte und vor allem im Gespräch mit ihrer wortgewandten Großmutter. Die Enkelin begleitet sie durch den Alltag, dokumentiert ihren Alterungsprozess, fotografiert und befragt sie. Aus der Perspektive der Enkelin entfaltet sich ein vielschichtiges, liebevolles Porträt der Großmutter, das über die persönliche Geschichte hinaus einen tieferen Blick auf das Verhältnis von Menschen zum Tod eröffnet. Die Ehrlichkeit und der Fokus der Enkelin, der Witz der Großmutter und ihre zarte Nähe zueinander schaffen eine intensive Beziehungsdynamik. Besonders eindrucksvoll ist die emotionale Dichte, die der Roman entfaltet. Die Vielzahl überlagerter Gefühle wirkt so stark, dass sachliche Einschübe zu wissenschaftlichen Konzepten wie beispielsweise „Care” den Lesefluss eher stören. Diese rationalen Einschübe lenken stellenweise von der emotionalen Stärke des Romans ab. Unklar bleibt zudem, warum der Titel Sterben üben gewählt wurde. Während das „Sterben” thematisch nachvollziehbar ist, bleibt das „Üben” sperrig und wird erzählerisch nur bedingt eingelöst. Nichtsdestotrotz: Sterben üben ist ein lesenswerter Roman, der allgegenwärtige und oft verdrängte Themen wie Alter, Tod und Care-Arbeit eindringlich verhandelt.
Marlene Regenfuß
Katharina Feist-Merhaut: Sterben üben. 140 Seiten, Otto Müller Verlag, Salzburg 2025 EUR 23,00