Hello Baby – zumindest vielleicht

Mit einer Geburtenrate, die 2024 erstmals auf 0,75 Kindern pro Frau stieg (!), ist Südkorea seit Jahren das weltweite Schlusslicht dieser Statistik. Daher bietet Südkorea Paaren, die Fertilitätsprobleme haben, finanzielle Unterstützung an, und der Arbeitgeber muss Frauen, die sich einer Behandlung unterziehen, auch freie Tage dafür gewähren. Allerdings nimmt keine der sechs Frauen, die sich in der Fertilitätsklinik kennengelernt haben und sich im Gruppenchat „Hello Baby” gegenseitig unterstützen, diese freien Tage in Anspruch. Im familienfeindlichen Arbeitsklima des extrem patriarchalischen Südkoreas bedeutet das nämlich automatisch das Ende der jeweiligen Karriere. Auch die anderen Gründe wie hohes Preisniveau, mangelnde Arbeitssicherheit, das damit einhergehende höhere Alter, in dem Paare an Kinder denken können, und das Unverständnis der beteiligten Männer, die oft nicht einmal eingestehen können, dass der Grund bei ihnen liegt, wird aufgezeigt. Andererseits gibt es sehr wohl den gesellschaftlichen Druck, zumindest ein Kind zu bekommen. Die Prozeduren, denen sich die sechs Freundinnen (alle aus der oberen Mittel- bis Oberschicht) unterziehen müssen, lassen allerdings die Frage aufkommen, ob ihr beinahe triebhafter Wunsch nach einem Kind wirklich ihr ureigenster Wunsch ist. Schlussendlich gibt es nämlich bei einer der Frauen einen mentalen Zusammenbruch. Den nüchternen koreanischen Schreibstil, in dem Gefühle allerhöchstens angedeutet werden, muss frau mögen. Kim Eui-kyung zeichnet ein eindringliches Bild der südkoreanischen Gesellschaft.
Renate Charvat
Kim Eui-kyung: Hello Baby. Aus dem Korea. von Inwon Park. 223 Seiten, Blumenbar, Berlin 2025 EUR 22,70