Blond, Weiß, Sklavin – ein Experiment, das aufgeht
Die erdbeerblonde Doris von der Kohlkopfküste landet als Sklavin auf einer ambossianischen Zuckerohrplantage. Ihre brutale Entführung, die erlebte Gewalt, der Verlust von Freiheit, Familie, Identität; aber auch die Stärke, mit der sie ihrem Schicksal begegnet … die Geschichte ist fesselnd erzählt und überrascht neben brutaler Rohheit, dem Horror der Sklaverei und starken Gefühlen mit Humor. „Der Roman ist Satire. Er behandelt ein offensichtlich ernstes Thema, aber er nutzt Humor, um einen frischen Blick darauf zu werfen“, so die Booker-Preisträgerin und Bestsellerautorin Evaristo in einem Interview mit Anna Drexler von Bayern 2. Tatsächlich wechselt Evaristo in ihrem Roman über den Sklavenhandel die Perspektiven, ändert Geografie und Geschichte. Weiß ist Schwarz, Opfer Täter, mutige Kolonisatoren verschleppen unzivilisierte Europäer*innen nach „Aphrika“. Ein Gedankenexperiment, das aufgeht, meiner Ansicht nach aber noch radikaler und mutiger sein könnte, um als Plädoyer gegen Rassismus und Gewalt noch stärker zu wirken. Eine kurzweilige Lektüre einer sprachverliebten Autorin, die zum Nachdenken anregt.
Kathrin Ivancsits
Bernardine Evaristo: Blondes Herz. Aus dem Engl. von Tanja Handels. 288 Seiten, Tropen, Stuttgart 2025 EUR 25,70
