Menschsein!

Die Autorin Maryam Aras rekonstruiert den Lebensweg ihres Vaters Kamal Aras. Ihr Vater ist bereits als junger Erwachsener 1964 in die BRD geflüchtet. Seine machtkritische Haltung im Iran trägt dazu bei, dass dieser Schritt erforderlich ist. Es werden die politischen Weggefährt*innen und Diskussionspartner*innen beschrieben, die den Vater an seinen jeweiligen Wohnorten in der BRD begleiten und welche prekären Arbeiten ihr Vater neben Spracherwerb und Studium auf sich nimmt, um in der neuen Heimat zu leben. In den 1960er und 1970er Jahren nehmen in Deutschland viele iranische Dissident*innen an den Studentenprotesten teil und gründen die iranische Konföderation. Spannend ist die Rekonstruktion der 1950er Jahre im Iran. Ein inszenierter Staatsstreich der CIA stürzt den damaligen Premierminister im Iran, Mohammad Mossadegh, der ein demokratisch gewählter Politiker des sozialen Wandels ist. Maryam Aras‘ historischer Rückblick verdeutlicht, dass die Oppositionsbewegung gegen den Shah nicht nur aus einer religiösen Bewegung besteht, sondern sich verschiedenste linke Kräfte (z.B. die kommunistische Tudeh-Partei) daran beteiligen, die nach der Revolution 1979 sehr rasch selbst zu Verfolgten werden. Kommentare des Vaters erweitern Aras‘ Rekonstruktion der Geschichte. Insgesamt ein interessanter Versuch, die offizielle Geschichtsschreibung des Irans der letzten 75 Jahre gegen den Strich zu bürsten. Dabei werden die Verantwortung und Beteiligung des Westens sowie die Gefahr, die von Irans repressivem Überwachungsregime aktuell ausgeht, nicht außer Acht gelassen.
ML
Maryam Aras: Dinosaurierkind. 191 Seiten, Claassen, Berlin 2025 EUR 22,70