Die Würde von Orten sichtbar machen
Nicht die Perfektion, sondern die Intention spricht in der Kunst zu uns. Die finnische Künstlerin Maaria Wirkkala spielt und inszeniert mit Orten, ihrer Geschichte und ihren Gegebenheiten. So auch bei den Vorbereitungen zur Ausstellung 2025 im KULTUMUSEUM Graz, wo sie bereits 2011 Räumlichkeiten mitgestaltete und eine ständige Sammlung stiftete. Der Klosterhof bzw. dessen Kreuzgang aus dem beginnenden 17. Jahrhundert wurden damals umfassend saniert. Auf etwas wurde aber vergessen. Die erste Stufe des Treppenaufgangs ist bis zuletzt ein Provisorium geblieben: in der Gestalt eines Baupfostens. Wirkkala ließ diesen nun durch ein Eichenholz mit vergoldeter Trittfläche ersetzen. Im Zuge der spontanen Intervention wurde schließlich auch ein Riss in den 400 Jahre alten Stiegen mit Gold versiegelt. Der Gang markiert den Weg in eine Art goldenes Zeitalter mit poetischen Installationen – wie auch in kritische Bewusstseinsräume. Der Ausstellungskatalog bietet einen umfassenden Einblick. Etwa wie Wirkkala nach der Religion in der Kunst und nach den Ebenen zwischen sichtbarer und verborgener Welt sucht. In einem der Räume hat sie bereits 2011 Teile ihrer privaten Postkartensammlung in Lehmwände eingesetzt – um sie schließlich unter der Maueroberfläche verschwinden zu lassen. 2025 legte sie diese nun ‚frei‘: Zum Vorschein kamen Ausschnitte von Motiven der Frührenaissance, vornehmlich aus Venedig und Florenz. Im abschließenden Ausstellungsraum schweben Glasspritzen in einer Glaswand, magisch und – irritierend. Sie richten sich bedrohlich auf die Betrachter:innen. Überraschende Kälte holt uns in die Realität zurück. Der Titel der Arbeit fragt uns: Enough?
Nina Kreuzinger
Johannes Rauchenberger: Maaria Wirkkala. Nun mehr – Meantime. 168 Seiten, Bibliothek der Provinz, Gmünd 2025 EUR 35,00
