Aber jetzt bitte authentisch
In dieser feministischen Ökonomiekritik erforscht die politische Philosophin Julie Govrin, wie Begehren die wirtschaftliche Wertordnung durchdringt und sich Bewertungsmuster in soziale Beziehungen und in die Selbstwahrnehmung einschreiben. Aufgeteilt in drei Kapitel führt der Streifzug durch eine Fülle von Phänomenen der Gegenwart und ihre Geschichte, um Verbindungen von Begehren und Wert zu entdecken. Im Kapitel Wert schreibt Govrin von der Geschichte der Wertkritik und des Warenwertes und wie sich durch symbolische Wertformen Ungleichheit und Ausbeutung weiter fortsetzen. Die Autorin befasst sich im zweiten Kapitel Begehren ausführlich damit, wie der eigene Körper zwecks Wertsteigerung optimiert wird, um im sozialen Wettbewerb mithalten zu können. Und das letzte Kapitel handelt von der starken Sehnsucht nach Authentizität und von der Aufmerksamkeit und Bewertung, die es bedarf, um als gelungen zu gelten. Dadurch, dass sich der Kontext nur auf Westeuropa bezieht, wird ein wenig die Tatsache vernachlässigt, dass Attraktivität nicht in jeder Gesellschaft mit denselben Kriterien bewertet wird. Dennoch ist der Essay sehr interessant und durchaus lesenswert.
Marlene Mitterndorfer
Julie Govrin: Begehrenswert. Erotisches Kapital und Authentizität als Ware. 190 Seiten, Matthes & Seitz, Berlin 2023 EUR 16,50