Anerkennungsprozesse

Im Mittelpunkt des Buches steht die Frage, wie Anerkennungspraktiken in beruflichen und außerberuflichen Kontexten je nach Geschlechtszugehörigkeit zur Geltung kommen. In präzisier Begriffsarbeit bereitet die Autorin das theoretische Fundament auf, indem sie den moralphilosophischen Ansatz von Axel Honneth zur „Anerkennung“ um die Perspektive des Doing Gender-Ansatzes erweitert. Darüber hinaus greift sie Ansätze von George H. Mead, Judith Butler sowie Nicole Balzer und Norbert Ricken auf, mit dem Ziel, Anerkennungsprozesse als eigenmächtiges Handeln zu konzeptualisieren.

Sehr spannend lesen sich dann die vier Fallgeschichten von jeweils einer Frau und einem Mann, die in der Chirurgie und im Friseurhandwerk arbeiten, also in Berufsfeldern tätig sind, die sich durch eine eindeutige Geschlechter- und Hierarchiestruktur auszeichnen. Diese Fallgeschichten bilden den empirischen Korpus der Arbeit, wobei jeder Fall für sich in Hinblick auf die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Anerkennungspraktiken dargestellt wird sowie fallvergleichend Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet werden.

Wenngleich der gewählte Zugang originell und instruktiv ist, vermisst man als Bourdieu-informierte LeserIn doch die Herausarbeitung der Verbindung von Anerkennungspraktiken und sozialer Herkunft in der Darstellung, die nur am Rande in die Betrachtung einfließt. Empfehlenswert für Biografie-, Erwerbswelt- und FamilienforscherInnen sowie all jene, die sich mit dem Phänomen der Anerkennung näher auseinandersetzen wollen.

Sigrid Kroismayr


Gabriele Fischer: Anerkennung. Macht. Hierarchie. Praktiken der Anerkennung und Geschlechterdifferenzierung in der Chirurgie und im Friseurhandwerk. transcript, Bielefeld 2015  EUR  34,00