Auf den Spuren Robinson Crusoes

Natürlich entsprechen Alma M. Karlins Schilderungen ihrer Südseereise – angefangen bei den Philippinen, auf Papua-Neuguinea endend – nicht der fiktiven Figur Daniel Defoes, doch lesen sich ihre Erfahrungen wie Abenteuer in fremden Welten, vor allem in der Schilderung verschiedener Inselwelten, die sie bereiste. Das zweite Werk der Reisetrilogie, die zwischen 1929 und 1933 erstmals veröffentlicht wurde, ist eine teils fragmentarische, teils detaillierte Beschreibung ihrer Südseereise. Wir lesen über Flora und Fauna, über Kleidung, Baustile, Handwerk und Gefahren. Alles ist von Stofflichkeit durchdrungen. Auf ihrer Reise finanziert sich Karlin selbst – mit dem Verfassen von Artikeln für internationale Zeitungen, mit dem Halten von Vorträgen und teils durch die Gastfreundlichkeit ihrer Reisebekanntschaften. Karlin schreibt aus der Perspektive einer überlegenen weißen Europäerin. Amalija Maček, die das Nachwort verfasste, sieht in Karlin keine Person, die von ihrer damaligen Umwelt geprägt war, sondern jemanden, der eine deutliche Haltung und Vorurteile zu „Rassen“ vertrat, die sich auf den Reisen verfestigten. Und dennoch ist Karlins Leben und Werk faszinierend: eine kleinbürgerliche deutschsprechende Slowenin, acht Jahre alleine auf beschwerlichen Weltreisen, ohne große finanzielle Unterstützung, Journalistin und Schriftstellerin, dem KZ knapp entflohen, im Habsburgerreich geboren, in Jugoslawien verstorben, deren einst vergessenes Werk nun wiederentdeckt werden kann.
 Laura Derma
Alma M. Karlin: Im Banne der Südsee. 352 Seiten, Aviva, Berlin 2020, EUR 22,70