Bilder, die bleiben

Zunächst vorweg: Dieses Buch ist tief beeindruckend. Das Herzstück bildet die erste deutsche Übersetzung der autobiografischen Aufzeichnungen der Musikwissenschaftlerin Anneliese Landau (1903–1991). Von frühen Antisemitismuserfahrungen ist hierin zu lesen, den (zunächst heimlichen) Besuchen musikwissenschaftlicher Kurse an der Universität Halle, der wachsenden Anerkennung unter den Größen des Faches (Arnold Schering, Alfred Einstein etc.). Dann die zunehmend schwieriger werdende Lage in Deutschland – als Jüdin konnte Anneliese Landau ihren Beruf immer weniger ausüben. Sie enga-gierte sich im jüdischen Kulturbund, hielt dort äußerst erfolgreich Vorträge. Schließlich die Emigration in die USA, wo sie als Frau in der Musikwissenschaft kaum Fuß fassen konnte und zu einer äußerst engagierten Musikvermittlerin wurde. Aus den Erinnerungen Landaus erwächst dabei eine Geschichte über die Veränderungen des Kulturlebens in der NS-Zeit ebenso, wie eine Geschichte über Erfahrungen der Ausgrenzung als jüdische Frau. Der reichhaltige autobiografische Text wird im Band ergänzt durch die Edition von Briefen, die Landaus in Berlin verbliebene Mutter ihr in die USA schrieb. Bedrückend dabei die immer aussichtsloser werdende Situation, die Bemühungen, doch noch aus Deutschland rauszukommen und nicht dort zu enden „wo die Geschwister der Tante Trude sind“. Abgerundet wird dieses eindrucksvolle Buch durch Briefe Landaus an Komponisten der Zeit und einen Beitrag Lily E. Hirschs zu Landaus beruflicher Tätigkeit in der Jewish Centers Association in Los Angeles.
Kordula Knaus
Von Berlin nach Los Angeles. Die Musikwissenschaftlerin Anneliese Landau. Hg. von Daniela Reinhold. 340 Seiten, Hentrich & Hentrich, Berlin 2017 EUR 28,70