Das autonome Selbst – in Beziehung setzen
Die vorliegende Dissertation baut auf Katharina Lux’ bisherigen Arbeiten auf und liefert eine umfassende Retrospektive über die Autonome Frauenbewegung der BRD in den 70er Jahren. Frauen lösten sich aus links-politischen Gruppen, um dem Bestreben nachzugehen, sich selbst als eigenständiges Subjekt zu begreifen, während etwa zeitgleich Frauen und Lesben die ersten überregionalen feministischen Zeitschriften Courage und Emma und Die Schwarze Botin gründeten. Letztere sollte – ihren Gründerinnen Brigitte Classen und Gabriele Goettle nach – ein Denkraum für Frauen sein und demnach Frauen ansprechen, die bereit waren, aus der Stagnation der bestehenden Verhältnisse auszubrechen, indem sie die Welt in einem neuen Denken zu erfassen lernten. Im Bewusstsein androzentrisch geprägter Denkmuster und unterdrückerischer Kategorien galt es, ebendiese u.a. mithilfe von Theorien französischer Theoretikerinnen in einer neuen Sprache zu überschreiben. Katharina Lux stellt diesem Primat feministischer Theorie u.a. die Bedeutung von kollektivem Erfahrungswissen für Akteurinnen der Autonomen Frauenbewegung der BRD gegenüber – und deckt dabei deren verkannte Heterogenität und ignorierte Komplexität auf.
Eine präzise erarbeitete Analyse, die der Leserin in ‚Zwischenresümees‘ am Ende eines jeden Kapitels kompakt erläutert wird. Ein wirklich interessantes und wichtiges Buch, das dazu inspiriert, das Erkennen der Notwendigkeit der kritischen Auseinandersetzung in aktuelle Diskurse zu übertragen. Ohne ‚Kritik und Konflikt‘ kann nämlich nichts Neues entstehen. Dabei dürfen wir auch gern die Wege der Akteurinnen rund um Die Schwarzen Botin verlassen, denn: Kritik kann auch wirksam sein, wenn sie nicht negativ ist.
Claudia Bergermayer
Katharina Lux: Kritik und Konflikt. Die Zeitschrift Die Schwarze Botin in der autonomen Frauenbewegung. 473 Seiten, Mandelbaum, Wien 2022 EUR 28,00