Das Recht, schamlos zu sein

Gedanken darüber, wer eine*r ist oder sein mag und sich neu zu erfinden, beschäftigt die meisten Jugendlichen in der Phase zum Erwachsenwerden. Dies wird erschwert, wenn von außen zusätzliche Anforderungen an eine*n gestellt werden. So geht es Amina, Nancy und Sofia, die als „schamlose Mädchen“ für Selbstbestimmung junger muslimischer Frauen kämpfen, die in Norwegen aufgewachsen sind. Basierend auf eigenen Erfahrungen sprechen sie über Themen wie die Entscheidung für oder gegen den Hidschab, über die erste Liebe oder elterliche Überwachung. Es geht dabei immer um Scham, negative soziale Kontrolle und Schuldgefühle. Das Buch ist in zartem Rosa gehalten und mit ansprechenden Illustrationen und Fotos bestückt. Die Zielgruppe sind eindeutig eher jüngere Mädchen. All jenen, die mit diesen Konflikten nicht vertraut sind, gibt dieses Buch spannende Einblicke in das Aufwachsen muslimischer Kinder in der norwegischen Gesellschaft. Als Kontrast hätte ich noch ein Interview mit einem muslimischen Jungen interessant gefunden. Obwohl die Autorinnen von einem intersektionalen Blick sprechen, ist das Buch sehr heteronormativ gehalten, denn es fehlen leider die Erfahrungen von queeren oder homosexuellen muslimischen Jugendlichen. Dennoch ist der Band sehr gelungen und es gelingt Amina, Nancy und Sofia, die Botschaft zu verbreiten, dass jede*r das Recht hat, sich frei zu entfalten und schamlos zu sein.
Rosi Dukek
Anima Bile, Sofia Nesrine Srour, Nancy Herz: Schamlos. Aus dem Norweg. von Maike Dörries.
159 Seiten, Gabriel Verlag 2019 EUR 15,00