Das Sudetenland gibt es nicht mehr
Die Tragödie des Sudetenlandes im 20. Jahrhundert aus der Perspektive eines neunjährigen Kindes. Der Alltag der Emmi Zimmermann in einer mährischen Kleinstadt ist für das Kind angenehm und konfliktfrei. Die Einwohner*innen sind Tschech*innen und Deutsche, die Religionszugehörigkeit, christlich oder jüdisch, spielt keine Rolle. Bis 1938 besteht diese vermeintliche Problemlosigkeit. Mit der Eingliederung des Sudetenlandes in „Niederdonau“, einen Teil der „Ostmark“ und damit ins „Deutsche Reich“, ändert sich alles. Aus Nachbar*innen werden Feind*innen. Die Auswahl der Geschäfte wird zur Nationalitätenfrage. Der Antisemitismus bricht auf. Emmi Zimmermann ist keine autobiografische Figur, zeigt aber die Wahrnehmungen eines neunjährigen Mädchens, das allein gelassen mit den verwirrenden und beängstigenden Ereignissen, die in den Jahren ab 1938 im besetzten Sudetenland geschehen sind, konfrontiert ist. 1945 ist nichts ausgestanden, die Vertreibung der Deutschen hinterlässt bei jedem, der sie überlebt hat, ein Trauma. Ohne Zweifel auch bei der 1929 in Auspitz/Hustopece geborenen Autorin, die bereits eine preisgekrönte Trilogie zum selben Thema verfasst hat. Lesenswert.
Maria Weywoda
Ilse Tielsch: Das letzte Jahr. Mit einem Nachwort von Adolf Opel. 145 Seiten. Edition Atelier, Wien 2017 EUR 18,00