Die entblößte Königin
Maria Theresia, Königin von Österreich, hätte heuer ihren 300. Geburtstag gefeiert. Das wird mit zahllosen Büchern, Filmen, Dokus und Festen begangen. Die französische Philosophin Elisabeth Badinter hat sich die „Kaiser-Königin“ ebenfalls genauer angesehen. Dafür hat sie auch Briefe, Berichte von Spionen und Reisenden als Quellen herangezogen. Es sollte keine geschichtliche Studie werden und keine „Herrscherinnenbiographie in der üblichen Form“. Vielmehr geht es Badinter um die unterschiedlichen Rollen, die Maria Theresia zu vereinbaren hatte: die der Herrscherin, der Frau, der Ehefrau und Mutter. Das ist durchaus spannend zu lesen. Mit dem Fokus auf Krieg und Territorialkonflikte wird deutlich: Maria Theresia war eine Machtpolitikerin, die das Zepter bis zur ihrem Tod nicht aus der Hand geben wollte. Gleichzeitig hat sie bewusst und gekonnt mit ihren anderen Rollenzuschreibungen gespielt: Sie gab die fürsorgliche Mutter für ihr Land, wenn es ihren Interessen diente, oder gab sich zornig und stur, wenn sie ihre Mitregenten im Zaum halten musste. Als mächtigste Frau ihrer Zeit musste sie auch so einiges aushalten: Shitstorms inkl. Vergewaltigungsphantasien würden wir heute dazu sagen. Sie hatte immer wieder depressive Phasen, die sie als Herrscherin stets überspielt hat. Und ganz nebenbei hat sie 16 Geburten überlebt, was im 18. Jahrhundert keineswegs selbstverständlich war. Eine kurzweilige Biografie, die inhaltliche Fragen wie den Antisemitismus der Königin oder die Einführung der Schulpflicht nicht einmal streift. Das war aber auch nicht die Absicht. Gabi Horak
Elisabeth Badinter: Maria Theresia. Die Macht der Frau. 300 Seiten, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017 EUR 24,70