Die Kleinmütigen bleiben in unserer Hölle
Das ist die Botschaft dieses Romans über eine Neuauflage des Pfingstwunders. Dieses hat stattgefunden auf einem Kongress in Rom im Jahr 2013, auf dem sich 34 Danteforscher aus aller Welt mit der Göttlichen Komödie beschäftigen. Zwei Drittel des Buches sind der Diskussion der Vorträge und der Atmosphäre des Kongresses gewidmet, und so erschließt sich auch der unbedarften Leserin ein gewisser Einblick in die Welt der Göttlichen Komödie. Sie lernt die Figuren und Begegnungen in der Hölle, die Läuterung im Fegefeuer und den Aufstieg ins Paradies ebenso kennen wie den Stand der internationalen Forschung zum Thema. Am Ende des Kongresses verständigen sich 33 Forscherinnen und Forscher auf überirdische Weise über alle Sprachgrenzen hinweg und fliegen überglücklich und geläutert davon. Hineingewoben in diese Geschichte gibt das restliche Drittel des Buches die nachträglichen Gedanken des Frankfurter Romanisten wieder, der als einziger Teilnehmer zurückgeblieben ist. Sein Ausschluss vom Pfingstwunder verdankt sich fehlendem Glauben und der dezent lähmenden Mittelmäßigkeit seiner Selbstreflexion und Bezugnahme auf die Welt. Für Gottlieb Elsheimer treffen „Dantes Hölle und die Hölle heutzutage“ nur in einem ebenso flüchtigen wie kraft- und folgenlosen Moment zusammen. Ein moderner Erlösungsroman mit Bildungseffekt. Susan Zimmermann
Sibylle Lewitscharoff: Das Pfingstwunder. 340 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2016 EUR 24,70