Die Verhältnisse zum Tanzen bringen!
2003 erschien das Werk erstmalig. Nun wurde es unter einem anderen Titel neuerlich herausgegeben und zur Gänze von der Autorin überarbeitet. Es ist eine wahre Fundgrube an lebensnahen Fallbespielen, lerntheoretischen Überzeugungen und selbst geführten Auseinandersetzungen mit prominenten VertreterInnen aus der Pädagogik und Philosophie, um sich dem Verhältnis von Lernen und Lehren zu widmen. Wer mit den Thesen oder Argumenten der sozialistischen Autorin vertraut ist, wird auch in diesem Beitrag einen Wiedererkennungseffekt mit bereits von ihr verschriftlichten Aussagen haben. Im Wesentlichen ist das Werk die Aufforderung, kollektive Handlungsräume zu erweitern und zur Vermenschlichung der Gesellschaft beizutragen, indem wir uns selbst als veränderbar begreifen und dabei auch die eigenen Blockaden, unter denen wir leiden, vermindern. Es gibt kein Lernen ohne Erfahrung und Lernen erzeugt automatisch Verunsicherung, so dass Widerstände entstehen. LehrerInsein heißt letztlich, an der eigenen Abschaffung zu arbeiten – so gesehen ist Schule auch als Lernverhinderungsort zu begreifen, wenn gesellschaftliche Verwertungsinteressen im Mittelpunkt stehen. Die Lesart des Bandes kann auch ohne Chronologie abschnittsweise erfolgen. Erkenntnisgewinne lassen sich leicht aus den verschiedensten Kapiteln entnehmen. Die von der Autorin eingebrachten Beispiele aus dem Werk von Brecht tragen dazu bei zu verstehen, dass es nicht darum geht, jemanden, der etwas „Falsches“ sagt, zu widerlegen, sondern darauf zu kommen, wie die vorgebrachte Meinung zustande kam. Eine selbstkritische Wahrnehmung setzt Phantasie und Lernprozesse frei. Antonia Laudon
Frigga Haug: Die Unruhe des Lernens. 375 Seiten, Argument Verlag, Hamburg 2020 EUR 24.70