Durchs rauschende Berlin 1929

Ein letztes Aufbäumen der Goldenen Zwanziger Jahre, wie im Rausch bewegt sich die Lesende durch das Berlin des Jahres 1929. Jedem Kapitel ist ein Monat gewidmet, in dem sich die Geschichten dieser Zeit durch vignettenhafte Erzählungen von Berühmtheiten, Schriftsteller_innen und Kulturschaffenden verbinden. Die Zeitgenoss_innen sind Marlene Dietrich, Erich Maria Remarque, Vicki Baum, Erich Kästner, Louise Brooks, G.W. Pabst, Marieluise Fleißer, Berthold Brecht u.v.m. – die Geschichten, die sie produzierten, die sie schrieben, filmten und tanzten, werden nacherzählt und eröffnen uns so einen Blick in ein Jahr voller Fortschritt, Rückschritt und Umbrüche. Die Frauen sind selbstbestimmt, autonom, kreativ und erfolgreich – und bleiben doch dem männlichen Blick und seinen Neigungen unterworfen. Manche, wie Erika Mann, versuchen sich davon zu befreien, indem sie dagegen anschreiben, andere, wie Louise Brooks, ziehen sich zurück, verfallen ins Schweigen und werden mit dem Stempel „hübsch aber dumm“ gestraft. Frauen sind trotz ihrer neu entdeckten und gelebten sexuellen Freizügigkeit noch lange nicht Herr_innen ihres Selbst. Es ist eine oberflächliche und doch interessante Lektüre, Biografien und Bibliografien in Prosa, die das Jahr 1929 und jene Zeit zwischen den Weltkriegen der Leser_in leichtfüßig näherbringt und greifbar macht.

Andreea Zelinka

Unda Hörner: 1929. Frauen im Jahr Babylon. 253 Seiten, ebersbach & simon, Berlin 2020 EUR 22,70