Eine Geschichte über viele Körper

Entlang von anekdotisch erzählten Biografien entfaltet Olivia Laing eine Geschichte über den Körper. Vielschichtige Persönlichkeiten wie Nina Simone und Susan Sontag werden von Laing anhand ihrer feministischen, antirassistischen, queeren und antifaschistischen Kämpfe vorgestellt. Im Besonderen verfolgt Laing das Leben von Wilhelm Reich und schafft es, seine Widersprüche differenziert darzustellen. Die vielen erzählten Stränge werden von Laing im Gegenstand des Körpers verbunden: Was bedeutet es, einen Körper zu haben? Was bedeutet es, wenn eine Gesellschaft den Körper zu einem Gefängnis macht? Was bedeutet es, einen Körper ohne Angst zu haben? Laing versucht in Every Body zu erkunden, wie Körper Politik verändern können. Anknüpfend an ihre eigene Arbeit zu berühmten Persönlichkeiten und deren Biografien schafft Laing es auch in diesem Werk, Aktivist:innen, Künstler:innen, Psychoanalytiker:innen und Theoretiker:innen eindrücklich vorzustellen. Dabei neigt Every Body dazu, im Rahmen der Vorstellung der vielen Persönlichkeiten die Frage danach, auf welche Weise der Körper zu etwas Politischem wird, nachrangig zu behandeln. Die Konzeptualisierung des Körpers als etwas Politisches bleibt auf wenige Seiten beschränkt und ist dabei zum Teil oberflächlich. Every Body – Warum unser Körper politisch ist überzeugt vielmehr durch die vielen detailreichen Porträts und kommt damit dem Originaltitel Everybody – A Book About Freedom näher als seiner deutschen Übersetzung.
Jaroscha Pia Steinhauer
Olivia Laing: Every Body. Warum unser Körper politisch ist. Aus dem Engl. von Thomas Mohr. 383 Seiten, btb, München 2024 EUR 26,80