Eine schwierige Entscheidung

Die in Tokio lebende Natsuko pflegt Kontakt zu ihrer Schwester und deren pubertierender Tochter, ansonsten lebt sie isoliert in bescheidenen Verhältnissen. Sie kann das schwierige Verhältnis zwischen ihrer Schwester und deren Tochter nicht einordnen, da beide eher nebeneinander als miteinander leben. Keine hat das Gespür zu verstehen, um was es der jeweils anderen geht. Natsuko selbst lebt von schlecht bezahlten Jobs, bis sie als Schriftstellerin mit der Veröffentlichung ihres ersten Romans Erfolg und es dadurch finanziell leichter hat. Was ihr fehlt, ist ein Lebensplan! Mit Männern kann sie wenig anfangen, sie hat jedoch einen Kinderwunsch. Für alleinstehende Frauen in Japan ist es rechtlich unmöglich, durch eine künstliche Befruchtung schwanger zu werden. Sie müssen sich an internationale Org­anisationen wenden. Natsuko beschäftigt sich in ihren Schreibpausen sowohl mit Vereinen, die Insemination anbieten als auch mit solchen, in denen die emotionalen Folgen der Betroffenen im Erwachsenenalter behandelt werden. Kawakami thematisiert Identitätsfragen, Schönheitsnormen und die moralischen Fragen einer künstlichen Befruchtung. Sie beschreibt das Leben von Frauen in ökonomisch instabilen Lebenslagen im heutigen Japan facettenreich mit verschiedenen Diskriminierungsdimensionen. Eine patriarchale Kultur, die das repressiv gesellschaftlich gültige Frauenbild mit verkrusteten Familienverhältnissen zu verantworten hat, wird nachvollziehbar.

ML

Mieko Kawakami: Brüste und Eier. Aus dem Jap. von Katja Busson. 495 Seiten, Dumont, Köln 2020 EUR 24,60