Feminismus ohne Unterlass

Obgleich niemand in ihrer Umgebung das Wort in den Mund nahm, war Isabel Allende schon als junges Mädchen Feministin, zumindest entwickelte sie früh einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und einen sensiblen Blick für soziale Ungleichheiten in der Familie und Gesellschaft. Entlang ihres Lebensweges erzählt sie im Plauderton von den feministischen Kämpfen in Chile, wie sie sich ihnen anschloss und früh begann für eine feministische Zeitschrift zu schreiben, von den Siegen, aber auch den Niederlagen, wie der andauernden Gewalt gegen Frauen. Die kurzen Kapitel ergänzt sie durch Gedichte von u.a. Miguel Gane, Warsan Shire, Juana Inés de la Cruz oder Violeta Parra. Gekonnt führt sie ihre Retro­spektive immer wieder ins Jetzt und verwebt so historische Betrachtung und persönliche Lebensgeschichte mit dem Puls der Zeit, der heute vor allem durch queer-feministische Kämpfe schlägt. Und man merkt, Allende ist stolz darauf eine Frau und Teil dieser weiblichen Revolution zu sein. Allende erzählt mit einer Leichtigkeit, ungebrochenem Wagemut und unendlicher Neugier, ihre Sprache ist verspielt und trotz der Schwere vieler Themen nie mutlos. Sie thematisiert auch ihr Alter und das Feuer, das sie sich bis zuletzt bewahren möchte, denn: „Das Alter muss einen nicht davon abhalten, weiterhin entschlossen und kreativ zu sein und Anteil an der Welt zu nehmen.“ Ein Buch wie ein inspirierendes Gespräch bei einer Tasse Tee.
Andrea Zelinka
Isabel Allende: Was wir Frauen wollen. Aus dem Span. von Svenja Becker. 184 Seiten, Suhrkamp, Frankfurt/M. 2021, EUR 22,70