Feministisch streiten – aber nur mit mir selbst

Das Buch Feministisch Streiten 2 ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger Feministisch streiten kein Sammelband, sondern eine Sammlung eigener Texte. Linkerhand versucht hierin, eine materialistische Analyse verschiedener feministischer Kämpfe und Bewegungen aufzustellen und grenzt sich dabei sowohl vom Queerfeminismus als vom Radikalfeminismus ab. In den Texten geht es um Spaltungsfragen der Bewegung, um Gewalt und Subjektpositionen, um das Verhältnis von Theorie und Praxis, um Antisemitismus und Rassismus und um weitere Themen aktueller und vergangener feministischer Debatten. Wichtig für Linkerhand sind globale Bezüge, besonders mittel- und südamerikanischer Feminismus nimmt eine zentrale Rolle im Buch ein. Einige der Texte beziehen sich aufeinander, andere stehen mehr für sich genommen. Es sind ‚Haltungstexte’, wie sie von Linkerhand selbst beschrieben werden, also aus der eigenen Positionierung und Überzeugung heraus geschriebene Analysen. Daher fehlt leider auch der versprochene Titel – das Streiten findet höchstens innerhalb von Linkerhand selbst statt.Es ist nicht unspannend, die vorgestellten Analysen zu lesen, da Linkerhand eine zentrale Vertreterin des materialistischen Feminismus für den deutschsprachigen Raum darstellt. Gelungen sind ihr Augenmerk auf die praktische Anwendung feministischer Theorien und ihr Fokus auf die gesellschaftlichen Verhältnisse. Es ist zudem ein persönliches Buch, in dem Linkerhand ihre politische Sozialisation und ihre Erfahrungen beschreibt, und trotzdem: Zum Streiten braucht es mehr als persönliche Reflexionen und das Überdenken vorheriger Positionen. Auch nach dem Lesen bleibt mir unklar, warum das Buch, welches so sehr für ein feministisches Streiten plädiert, nicht in Dialogform angelegt ist oder verschiedene Standpunkte miteinbezieht. Reden wir nicht über Streiten, tun wir’s!
Nike
Koschka Linkerhand: Feministisch streiten 2. Texte zu Bewegung und transnationalen Kämpfen. 240 Seiten, Querverlag, Berlin 2024 EUR 20,60